Es wäre ja kein Blog, könnte ich nicht meine eigene Meinung einbringen und alles nur objektiv betrachten. In den drei Wochen kristallisierten sich Symphatien und Abneigungen heraus und frühere Einstellungen zu Fahrern wurden widerlegt. Nun eine Liste, die die Fahrer in den Vordergrund stellt, die sich bei dieser Ausgabe meine spezielle Anerkennung verdient haben (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Die Gebrüder Schleck:
Frank und sein jüngerer Bruder Andy wurden für mich dadurch so sympathisch, weil sie sich als einzige, so schien es, nicht mit dem Platz hinter Contador abgefunden hatten. Sie haben viel probiert, dadurch aber nicht den jeweils anderen aus dem Auge verloren. Sie wirkten eher wie normale Menschen, sie zeigten Emotionen und kämpften bis zum Umfallen, nicht wie Contador, der für mich sehr abgehoben rüberkam.

Thomas Voeckler, Pierrick Fedrigo und Brice Feillu:
Ich bin generell Fan von Franzmännern, siehe Blogbild, und deshalb hat es mich mit noch mehr Freude erfüllt, als diese aufopferungsvollen Rennfahrer als Erste den Zielstrich überquerten. Sie probieren es immer wieder, in eine Ausreißergruppe zu gehen, und oft genug endet es nicht erfolgreich, die harte Arbeit ist umsonst. Doch dieses Jahr gab es überraschenderweise eine Menge geglückter Ausreißversuche. Ich habe nichts gegen Mark Cavendish, aber es ist eine willkommene Abwechslung, andere Siegergesichter zu sehen.

Sandy Casar:
Er hat wieder einmal zugeschlagen, der wahrscheinlich bemitleidungswürdigste Fahrer in der Geschichte der Grand Boucle. Ein toller Radsportler, immer darauf erpicht in eine Spitzengruppe zu gehen, jedesmal gibt er alles um die Gruppe durchzubringen, und dann soetwas: 1 Sieg, 6 zweite Plätze. Auch heuer hat er wieder einmal zugeschlagen und sich einen zweiten Platz gesichert. Doch es gibt einen Lichtblick für ihn, der den Radsport aber nicht weiterhilft: Der Mann, der auf der 17. Etappe als einziger vor ihm klassiert war, Mikel Astarloza, wurde positiv auf EPO getestet. Leider kann Casar der Augenblick am Treppchen, von zwei Damen umgeben, nicht zurückgegeben werden.

David Moncoutie:
Der Kapitän der Cofidis-Mannschaft ist mein Lieblingsfahrer im gesamten Peloton, deshalb darf er in dieser Liste nicht fehlen. Er hat wieder einiges probiert, doch leider gelang dieses Jahr nicht soviel. Aus einem anderen Grund erwähne ich ihn hier: Er musste sich einen schmerzhaften Abszess aus einer Gegend entfernen lassen, die für Radsportler von großer Bedeutung ist. Das gesamte Zeitfahren absolvierte er, ohne auf dem Sattel zu sitzen.

Mark Renshaw:
Für mich sympathischer als sein Namenskollege, da er selbst ein toller Sprinter wäre, er sich aber in den Dienst der Mannschaft stellt und eigene Ziele zurückschraubt. Er wird in der Öffentlichkeit nie diese Aufmerksamkeit erlangen wie Cavendish, aber auch wenn es für ihn nur ein schwacher Trost ist, für mich ist er der Größere. Zwar nicht im Sprint, aber es gibt noch andere Werte, die zählen.

Bradley Wiggins:
Unfassbar seine Leistung in den Bergen. Letztes Jahr noch Olympiasieger auf der Bahn, um 7 Kilo schwerer. Seitdem hat er einen Wandel durchgemacht, der seinesgleichen sucht. Sicher, es kommen wieder Dopinggerüchte auf, aber auf die möchte ich hier nicht eingehen, weil ich es nicht beurteilen kann. Zuerst dachte ich mir, der ist in den Pyrenäen vielleicht noch dabei, aber danach ist es aus. Doch dann fährt dieses Garmin-Trikot plötzlich am Ventoux langezeit in der Gruppe ums Gelbe Trikot mit. Nicht umsonst Vierter in der Gesamtwertung, er hat es sich redlich verdient.

Ich habe zu Beginn absichtlich geschrieben, das sind die Fahrer, die sich meine spezielle Anerkennung verdient haben. Denn meine Anerkennung hat jeder Sportler, der es bis nach Paris geschafft hat. Aber auch jene, die zuvor wegen Stürzen oder ähnlichem aufgeben mussten, auch sie haben hart gekämpft. Ich ziehe 190 Hüte ob dieser Leistungen.